schriftzug

30. Dezember 2002: Hochwasser in Göttingen

Regenfront

Zum zweiten mal innerhalb weniger Tage lag eine Luftmassengrenze quer über Deutschland und somit auch über Göttingen. Zwischen einem schwachen Hoch über Südskandinavien und einem Tief über Nordosteuropa floss ein Schwall polarer Kaltluft nach Mitteleuropa, während ein Tief über den Benelux Warmluft über die Alpen zu
Zugefrorene Überschwemmung in der Flur
Andreas Vohl / WSG
uns transportierte. Durch intensive Hebungsprozesse an einer teilweise wellenden Frontalzone bildete sich ein etwa 300 km breites Niederschlagsfeld. Obwohl die Regenraten auch in Spitzen relativ gering blieben (Maximum 5,1 mm/h), hinterließ das äußerst langsam ziehende Regengebiet über dem Göttingen und Northeimer Raum von Sonntag 17 Uhr bis Montag 23 Uhr innerhalb von 36 Stunden 35 Liter Regen je Quadratmeter (59 % des Monatssolls). Bei schwachen Luftbewegungen pendelte die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 95 und 100 %.

Luftmassengrenze

Dabei sank die Temperatur langsam aber kontinuierlich von Sonntag Morgen 7,2°C, über den mitternächtlichen Tageshöchstwert vom Montag (4,4°C um 0:00 Uhr) und erreichte am gleichen Tag gegen 23 Uhr die 0°C-Schwelle. Bereits um 20 Uhr ging der Regen bei +0,9°C (in 170 M.ü.N.N.) in Schneeregen und Schnee über. Auf der NOAA-Bodendruckanalyse vom 30.12. 18 Uhr ist dieser Moment an der über Göttingen liegenden Kaltfrontokklusion zu erkennen.

Ausuferungen

Am Montag gegen Mittag traten dann die Leine und die meisten ihrer Nebenflüsse über die Ufer, da der wassergesättigte Boden keinerlei Flüssigkeit mehr aufnehmen konnte. Am Abend mussten dann zahlreiche Straßen gesperrt werden. Während die örtlichen Wehren damit begannen, Keller leer zu pumpen, überfroren die regennassen Straßen, verschwanden schließlich unter einer geschlossenen Schneedecke und führten zu einer chaotischen Gesamtsituation im Raum Göttingen.

Winterliche Hochwasser sind nicht ungewöhnlich. Während im "Normalfall" jedoch ein Warmlufteinbruch mit Schmelzwasser und Regen auf teilweise oder ganz gefrorenem Boden das Hochwasser auslöst, war es zum Jahresende 2002 allein der Niederschlag, der die Pegel über die Ufer hob (Pegelhöchststand: 2,55 m). Bei strahlendem Sonnenschein umgab am Folgetag eine 12 cm hohe Schneedecke die Überschwemmungsgebiete, die bei mäßigem Frost allmählich zufroren.